Nierenerkrankungen

Eisentherapie bei Blutarmut von chronisch Nierenkranken

Blutarm und chronisch
nierenkrank? Dann besser
Eisen statt EPO!

Ausgeprägte Anämie bei chronischer Nierenerkrankung:
Eisen statt EPO in Erwägung ziehen

Menschen mit einer chronischen Nierenerkrankung haben häufig auch
eine Anämie (Blutarmut). Eine mögliche Ursache für die Anämie ist, dass
die Nieren zu wenig vom Hormon Erythropoetin (EPO) bilden. Oft ist
auch Eisenmangel der Grund für die Anämie. Eisenmangel kann durch
erhöhten Blutverlust durch Blutabnahmen oder Dialyse, durch eine
gestörte Eisenaufnahme oder chronische Entzündungen entstehen.

Die Gabe von EPO zur Behandlung einer ausgeprägten Anämie bei chronischer Nierenerkrankung birgt Risiken. Zuerst sollte daher eine Therapie mit Eisen geprüft werden.

Ist der Hämoglobinwert, also die Menge des roten Blutfarbstoffs,
sehr niedrig (10 g/dl Blut oder weniger), und treten Symptome wie
Atemnot, Schwindel oder Herzrasen auf, sollte die Anämie behandelt werden. Vor einer Behandlung mit EPO sollte auf einen möglichen Eisenmangel untersucht und dieser behoben werden. Denn eine EPO-Therapie birgt auch Risiken: Die Gabe von EPO kann Schlaganfälle und die Notwendigkeit einer Dialyse begünstigen.

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Anämie bei chronischer Nierenerkrankung: Symptome und mögliche Folgen

Menschen mit einer chronischen Nierenerkrankung haben oft auch eine Anämie (Blutarmut). Je weiter fortgeschritten die Nierenerkrankung ist, desto häufiger ist die Anämie (1). Im Stadium 4 bis 5 sind 30 bis 70 Prozent der Patient*innen von einer Anämie betroffen. Im Labor werden dann im Blut zu wenig Blutkörperchen (Erythrozyten) oder roter Blutfarbstoff (Hämoglobin) nachgewiesen. Symptome einer ausgeprägten Anämie sind etwa Herzrasen, rasche Erschöpfung, Schwindel oder Atemnot. Die Anämie erhöht das Risiko für Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems, wie etwa Schlaganfälle und Herzinfarkte (2). Zirkuliert weniger Hämoglobin im Blut, steht weniger Sauerstoff zur Verfügung. Darüber hinaus kann durch eine ausgeprägte Anämie die chronische Nierenerkrankung schneller fortschreiten.

Ursachen und Behandlung der Anämie

Eisenmangel spielt eine wichtige Rolle bei der Anämie von Patient*innen mit chronischer Nierenerkrankung (3). Der Mangel an Eisen ist entweder auf zu wenig Eisen in den Speichern von Leber, Milz und Knochenmark zurückzuführen, oder die verfügbaren Eisenspeicher können nicht genützt werden. Zu den Ursachen eines Eisenmangels zählen auch Blutverluste durch Blutabnahmen oder die Dialyse, eine gestörte Eisenaufnahme und chronische Entzündungen. Ein Mangel des Hormons Erythropoetin (EPO) führt ebenso zu einer Anämie. EPO wird großteils von der Niere gebildet und regt die Bildung von roten Blutkörperchen im Knochenmark an. Ist ein Mensch chronisch nierenkrank, geht die Produktion von EPO umso mehr zurück, je weiter die Krankheit fortschreitet. Ob EPO verabreicht wird oder nicht, sollte gut abgewogen werden, denn die Behandlung damit birgt auch Risiken. Aus der Forschung geht hervor, dass die Gabe von EPO Schlaganfälle und die Notwendigkeit einer Dialyse begünstigt (4, 5). Der genaue Mechanismus dahinter ist noch nicht bekannt. Möglich ist, dass es durch dickflüssigeres Blut und einen vermehrten Gefäßwiderstand zu einer geringeren Durchblutung im Gehirn kommt (6).

Empfehlungen für die Praxis

Eine Praxisleitlinie der KDIGO (Kidney Disease Improving Global Outcomes), eines internationalen Verbands für Nierenerkrankungen, soll Ärzt*innen und Pfleger*innen bei der Behandlung von Menschen mit einer chronischen Nierenerkrankung und einer Anämie unterstützen (7). Zunächst sollte die Ursache der Anämie abgeklärt werden. Das geschieht mit Hilfe eines Blutbilds, das den Hämoglobingehalt, die Anzahl der roten und weißen Blutkörperchen (Erythrozyten und Leukozyten) sowie der Blutplättchen (Thrombozyten) ermittelt. Die Zahl der jungen, unreifen roten Blutkörperchen spielt hier ebenfalls eine Rolle, genauso wie die Konzentration von Ferritin im Blut. Ferritin ist ein Protein zur Speicherung von Eisen. Die Menge an Ferritin im Blut erlaubt Rückschlüsse auf die Menge an Eisen in den Speichern (8). Ebenfalls relevant ist die Transferrin-Sättigung. Sie gibt Auskunft darüber, wie viel Eisen das Transportprotein Transferrin gebunden hat, und ist ein weiterer Indikator für die verfügbare Menge an Eisen. Für chronisch Nierenkranke gilt: Bei einer Transferrin-Sättigung von 30 Prozent oder weniger oder einem Ferritin von 500 mg/l oder weniger wird eine intravenöse Behandlung mit Eisen empfohlen. Bei chronisch Nierenkranken, die eine Dialyse brauchen, liegt ein Eisenmangel vor, wenn der Ferritinwert unter 200 mg/l sinkt.(9)

Ob das Eisen intravenös oder oral verabreicht werden sollte, hängt von der Schwere der Anämie ab. Auch ob Patient*innen schon auf eine vorherige orale Einnahme von Eisen angesprochen haben und ob ein venöser Zugang (z.B. für die Dialyse) bereits vorhanden ist, ist hier relevant (10). Nebenwirkungen im Magen-Darm-Trakt, wie Übelkeit, Blähungen, Verstopfung oder auch Durchfall, sind bei der oralen Einnahme von Eisen häufig. Daher lehnen manche Patient*innen das Einnehmen von Eisen ab. Derzeit ist es Standard, dass Eisen bei Menschen mit fortgeschrittener chronischer Nierenerkrankung intravenös verabreicht wird. Denn bei Menschen mit chronischer Nierenerkrankung ist die Eisenaufnahme im Darm vermindert. Andere Gründe für einen Eisenmangel sind beispielsweise ein anhaltender Blutverlust, der durch orales Eisen nicht ausgeglichen werden kann, oder die gleichzeitige Einnahme von Medikamenten, die die Aufnahme von Eisen beeinträchtigen. Bei der intravenösen Verabreichung von Eisen sind Nebenwirkungen wie Ausschläge, Herzklopfen, Schwindel und Krämpfe im Rücken möglich. Diese kommen bei weniger als 1 pro 100 Personen vor. Sehr selten können auch schwere allergische Reaktionen mit Anschwellen von Lippen, Zunge und Rachen auftreten.

FAZIT:

Menschen mit einer chronischen Nierenerkrankung haben häufig auch eine Anämie. Ist diese ausgeprägt und zeigt sie sich durch Symptome wie Atemnot, Müdigkeit, rasche Erschöpfung, Schwindel oder Herzrasen, sollte sie behandelt werden. Die Gabe von EPO ist eine Möglichkeit – die Therapie damit birgt allerdings auch Risiken. Daher sollte vorher eine Behandlung mit Eisen versucht werden.

1.            Astor BC, Muntner P, Levin A, Eustace JA, Coresh J. Association of kidney function with anemia: the Third National Health and Nutrition Examination Survey (1988-1994). Arch Intern Med. 2002;162(12):1401-8.

2.            Berns JB. Cardiovascular and renal effects of anemia in chronic kidney disease.: UpToDate; 2021 [Available from: www.uptodate.com]

3.            Batchelor EK, Kapitsinou P, Pergola PE, Kovesdy CP, Jalal DI. Iron Deficiency in Chronic Kidney Disease: Updates on Pathophysiology, Diagnosis, and Treatment. J Am Soc Nephrol. 2020;31(3):456-68.

4.            Drüeke TB, Locatelli F, Clyne N, Eckardt KU, Macdougall IC, Tsakiris D, et al. Normalization of hemoglobin level in patients with chronic kidney disease and anemia. N Engl J Med. 2006;355(20):2071-84.

5.            Pfeffer MA, Burdmann EA, Chen CY, Cooper ME, de Zeeuw D, Eckardt KU, et al. A trial of darbepoetin alfa in type 2 diabetes and chronic kidney disease. N Engl J Med. 2009;361(21):2019-32.

6.            Yang R, Wang A, Ma L, Su Z, Chen S, Wang Y, et al. Hematocrit and the incidence of stroke: a prospective, population-based cohort study. Ther Clin Risk Manag. 2018;14:2081-8.

7.            Drüeke TB, Parfrey PS. Summary of the KDIGO guideline on anemia and comment: reading between the (guide)line(s). Kidney Int. 2012;82(9):952-60.

8.            Auerbach M. Causes and diagnosis of iron deficiency and iron deficiency anemia in adults: UpToDate; 2021 [Available from: www.uptodate.com]

9.          Rocha LA, Barreto DV, Barreto FC, Dias CB, Moysés R, Silva MR, et al. Serum ferritin level remains a reliable marker of bone marrow iron stores evaluated by histomorphometry in hemodialysis patients. Clin J Am Soc Nephrol. 2009;4(1):105-9.

10.          Auerbach M. Treatment of iron deficiency anemia in adults: UpToDate; 2021 [Available from: www.uptodate.com]

Ausgewählt von

 

Österreichische Gesellschaft für Nephrologie fördert den Austausch praktisch-therapeutischer Erfahrungen und wissenschaftlicher Forschungsergebnisse, koordiniert organisatorische Aufgaben für die Dialyse und Nierentransplantation und fördert den Betrieb und Ausbau von Dialysespezialabteilungen in Österreich einschließlich Heimdialyse.