Gynäkologie

Kein MRT bei Frauen mit neu diagnostiziertem Brustkrebs

Das MRT entdeckt manchmal
mehr, als wir wissen wollen –
auch harmlose Veränderungen.

Bei Frauen mit Brustkrebs im Frühstadium wird das Tumorgewebe zusammen mit einem kleinen Teil des scheinbar gesunden Gewebes, das den Tumor umgibt, aus der Brust entfernt. Radiologische Untersuchungen wie Ultraschall oder Mammographie vor der Operation sollen ein genaues Bild von Größe und Lage des Tumors in der Brust liefern, um ihn so vollständig wie möglich entfernen zu können. Das soll helfen, abermalige Operationen zu verhindern.

Vor der Entfernung von Brustkrebs durch eine Operation ist ein MRT der Brust in der Regel nicht notwendig. Untersuchungen mittels Ultraschall oder Mammographie reichen meist aus.

Manchmal wird zusätzlich eine Magnetresonanztomographie (MRT) der Brust durchgeführt. Studien zeigen jedoch, dass ein MRT vor der Operation keine Vorteile bringt: Frauen mussten ähnlich häufig nochmals operiert werden, weil der Krebs nicht vollständig entfernt werden konnte, egal, ob sie eine MRT-Untersuchung hatten oder nicht. Studien weisen sogar darauf hin, dass bei Frauen mit MRT häufiger die ganze Brust entfernt wird als bei Frauen ohne MRT. Denn das MRT zeigt zusätzlich zum Brustkrebs auch harmlose Veränderungen an, die nicht mit dem Krebs in Zusammenhang stehen oder die nie zu Beschwerden führen werden, jedoch trotzdem entfernt werden. Sinnvoll ist ein MRT bei Frauen, die genetisch bedingt ein hohes Risiko haben, Brustkrebs zu entwickeln, oder wenn der Verdacht auf mehrere Krebsherde in der Brust besteht.

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Kein routinemäßiges MRT der Brust bei Frauen mit neu diagnostiziertem Brustkrebs

Jedes Jahr erkranken in Österreich über 5.000 Frauen erstmals an Brustkrebs (1). Das entspricht etwa einer von 1.000 Frauen pro Jahr. Mehr als ein Viertel aller Krebserkrankungen bei Frauen betrifft die Brust. Das macht Brustkrebs zur häufigsten Krebserkrankung bei Frauen.

Bei der Mehrheit der Frauen wird Brustkrebs in einem frühen Stadium entdeckt, in dem sich der Krebs noch nicht im Körper ausgebreitet hat (2). In diesen Fällen kann der Tumor mit einer Operation entfernt werden. Bei vielen Frauen kann die Brust dabei erhalten bleiben – man spricht hier von „Brusterhaltender Operation“. Dabei wird der Tumor selbst, aber auch ein Teil des gesunden Gewebes rund um den Tumor entfernt. Das ist notwendig, um möglichst jede Krebszelle zu erwischen, damit der Tumor nicht von Neuem wachsen kann (3).

Die Chancen, den Krebs gut zu überstehen, sind bei Brustkrebs im Frühstadium ausgezeichnet: Von 100 betroffenen Frauen sind fünf Jahre nach der Diagnose 85 bis 99 noch am Leben, je nachdem, ob der Tumor auf die Brust beschränkt ist oder ob auch Lymphknoten in der Achsel von Tumorzellen befallen sind (4). Dennoch müssen einige Patientinnen noch einmal operiert werden, weil bei der ersten Operation nicht alle Tumorzellen vollständig entfernt werden konnten (5–7). 

Um die Größe des Tumors exakt einschätzen zu können, werden vor der Operation in der Regel bildgebende Verfahren wie Mammographie oder Ultraschall durchgeführt. Manchmal wird zusätzlich eine besonders detaillierte Untersuchung der Brust gemacht: eine Magnetresonanztomographie (MRT). Das geschieht vor allem dann, wenn der Verdacht auf mehrere Krebsherde in der Brust besteht.

Alle Brustkrebspatientinnen mittels MRT zu untersuchen macht jedoch wenig Sinn. Die Brust-MRT kann zwar Tumore entdecken, die in der Mammographie nicht aufgefallen sind. Doch oft zeigt sie zusätzlich zum Brustkrebs auch harmlose Veränderungen an, die nicht mit dem Krebs in Zusammenhang stehen oder die nie zu Beschwerden führen werden. Dass sie gesehen werden, kann dann aber dazu führen, dass bei der nachfolgenden Operation mehr Brustgewebe als nötig entfernt wird. Studienergebnisse deuten darauf hin, dass bei Frauen, deren Brust vor der Operation mittels MRT untersucht wurde, häufiger die gesamte Brust entfernt wird als bei Frauen, die nicht untersucht wurden.

Eine MRT der Brust dürfte auch nicht dabei helfen, bei der Operation alle Krebszellen zu entfernen: Laut Studien müssen ähnlich viele Frauen abermals operiert werden, weil Reste des Tumors bei der ersten Operation übersehen wurden – egal ob mit oder ohne MRT (7).

Wann ist eine MRT sinnvoll?

Ist eine Brust-MRT somit in jedem Fall entbehrlich? Nein. Wie so oft ist es aber auch in diesem Fall wichtig, Nutzen und mögliche Nachteile einer Untersuchung abzuwägen.

In manchen Fällen kann eine ergänzende MRT bei neu diagnostiziertem Brustkrebs sinnvoll sein: Wenn sich der Krebs auf die Lymphknoten der Achseln ausgebreitet hat zum Beispiel. Oder wenn Mammographie und Ultraschall nicht ausreichen, um den Tumor ausreichend gut darstellen zu können, oder wenn sie unklare Ergebnisse liefern. Bei Frauen mit sehr hohem Risiko für Brustkrebs – etwa wegen einer bestimmten Genmutation oder vorangegangener Bestrahlungstherapie der Brust – kann eine MRT auch zur Krebsfrüherkennung verwendet werden.

Gut zu wissen:

Eine Studie mit 1.623 Teilnehmerinnen untersuchte, ob eine MRT der Brust vor der Operation spätere Operationen im Rahmen der Tumornachsorge verhindern kann (8). Alle teilnehmenden Frauen hatten zum ersten Mal die Diagnose Brustkrebs erhalten. Die eine Hälfte der Frauen wurde vor der Operation mittels Mammographie oder Ultraschall untersucht. Auch Gewebsproben (Biopsien) wurden entnommen. Bei der anderen Hälfte wurde zusätzlich eine Brust-MRT durchgeführt. Bei einem Großteil der Frauen wurde eine Brusterhaltende Tumor-Operation durchgeführt. Mit zusätzlicher MRT war der Anteil der Frauen, bei denen die gesamte Brust operiert wurde, etwas höher: Von 100 Frauen mit zusätzlicher MRT wurde bei 7 die gesamte Brust entfernt, verglichen mit einer von 100 Frauen ohne MRT. Frauen mit zusätzlicher MRT mussten nach der ersten Operation etwa genauso häufig noch einmal operiert werden wie jene, die keine zusätzliche MRT hatten (etwa 10 von 100 Frauen) (8). Die MRT-Untersuchung half den Ärztinnen und Ärzten also nicht dabei, die Tumore vollständiger entfernen zu können.

Zum gleichen Ergebnis kam auch eine Übersichtsarbeit, in der mehrerer Studien zusammengefasst wurden (9). Auch hier gab es Hinweise darauf, dass bei Frauen mit MRT vor der Operation häufiger die gesamte Brust entfernt wurde als bei Frauen ohne MRT.

MRT konnte Metastasen nicht verhindern

Eine andere Übersichtsarbeit mit Daten von insgesamt 3.169 Frauen untersuchte, ob eine Brust-MRT vor der Operation den späteren Krankheitsverlauf günstig beeinflussen kann (10). Das Ergebnis: Nach acht Jahren war bei ähnlich vielen Frauen der Krebs zurückgekehrt, egal, ob sie vor der operativen Entfernung eine MRT gehabt hatten oder nicht. Von den Frauen mit MRT hatten 3 von 100 ein sogenanntes Rezidiv, unter jenen ohne MRT waren es 5 von 100. Auch Metastasen, also Absiedelungen von Krebszellen in andere Körperregionen, traten in beiden Gruppen ähnlich häufig auf: Nach acht Jahren waren bei 11 von 100 der Frauen der MRT-Gruppe Metastasen aufgetreten, in der Gruppe ohne MRT bei 7 von 100 Frauen (10).

Fazit:

Bei Frauen mit neu diagnostiziertem Brustkrebs ist eine MRT-Untersuchung der Brust zusätzlich zu Mammographie oder Ultraschall in den meisten Fällen nicht sinnvoll. Insgesamt gibt es keine Belege dafür, dass eine zusätzliche Brust-MRT die Anzahl der notwendigen Operationen verringert oder ein Wiederauftreten oder Fortschreiten des Tumors verhindern kann. Möglicherweise führt eine MRT sogar öfter zu einer Brust-Amputation.

Quellen:

1.            Statistik Austria. Krebserkrankungen – Brust 2020 [Available from: http://www.statistik.at/web_de/statistiken/menschen_und_gesellschaft/gesundheit/krebserkrankungen/brust/index.html.

2.            Alphonse T, Sofia M. Overview of the treatment of newly diagnosed, invasive, non-metastatic breast cancer: UpToDate; 2020 [

3.            Leitlinienprogramm Onkologie. Interdisziplinäre S3-Leitlinie für die Früherkennung, Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Mammakarzinoms: Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e.V. Deutsche Krebsgesellschaft Deutsche Krebshilfe; 2018

4.            Siegel RL, Miller KD, Jemal A. Cancer statistics, 2019. CA: a cancer journal for clinicians. 2019;69(1):7-34.

5.            Katipamula R, Degnim AC, Hoskin T, Boughey JC, Loprinzi C, Grant CS, et al. Trends in mastectomy rates at the Mayo Clinic Rochester: effect of surgical year and preoperative magnetic resonance imaging. Journal of clinical oncology : official journal of the American Society of Clinical Oncology. 2009;27(25):4082-8.

6.            McGuire KP, Santillan AA, Kaur P, Meade T, Parbhoo J, Mathias M, et al. Are mastectomies on the rise? A 13-year trend analysis of the selection of mastectomy versus breast conservation therapy in 5865 patients. Annals of surgical oncology. 2009;16(10):2682-90.

7.            Morrow M, Jagsi R, Alderman AK, Griggs JJ, Hawley ST, Hamilton AS, et al. Surgeon recommendations and receipt of mastectomy for treatment of breast cancer. Jama. 2009;302(14):1551-6.

8.            Turnbull L, Brown S, Harvey I, Olivier C, Drew P, Napp V, et al. Comparative effectiveness of MRI in breast cancer (COMICE) trial: a randomised controlled trial. Lancet. 2010;375(9714):563-71.

9.            Houssami N, Turner RM, Morrow M. Meta-analysis of pre-operative magnetic resonance imaging (MRI) and surgical treatment for breast cancer. Breast Cancer Res Treat. 2017;165(2):273-83.

10.          Houssami N, Turner R, Macaskill P, Turnbull LW, McCready DR, Tuttle TM, et al. An individual person data meta-analysis of preoperative magnetic resonance imaging and breast cancer recurrence. J Clin Oncol. 2014;32(5):392-401.

Ausgewählt von

 

Die Österreichische Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe entwickelt Empfehlungen und Leitlinien und fördert die Forschung, Aus-und Weiterbildung im Fachgebiet, um Frauen in ihrer geschlechtsspezifischen Gesundheit bestmöglich zu behandeln.