Mit regelmäßigen Untersuchungen bei der Frauenärztin oder dem
Frauenarzt sollen Erkrankungen frühzeitig entdeckt werden. Mit Ultraschall oder dem Test auf Tumormarker im Blut können auch die Eierstöcke untersucht werden. Das Risiko, an Eierstockkrebs zu erkranken
oder zu versterben, können solche Früherkennungsuntersuchungen
jedoch nicht verringern. Sie machen also nur für Frauen Sinn, deren
Risiko für Eierstockkrebs besonders hoch ist, etwa weil nahe Verwandte
daran erkrankt sind, oder weil sie eine seltene genetische Veränderung aufweisen.
Für Frauen ohne erhöhtes Risiko haben Früherkennungsuntersuchungen
auf Eierstockkrebs mehr Nachteile, als sie nützen: Ultraschall und Blutuntersuchung liefern bei 4 von 10 Frauen ein auffälliges Ergebnis, obwohl sie keinen Krebs haben. Solche falschen Ergebnisse können
Angst machen und seelisch sehr belastend sein. Einige Frauen werden
sogar wegen eines falschen Verdachts operiert, obwohl sie keinen Eierstockkrebs haben. Diese nicht notwendigen Eingriffe haben gewisse
Risiken: Bei 3 bis 15 von 100 Frauen, die an den Eierstöcken operiert
werden, kommt es zu unerwarteten Komplikationen wie Blutungen, Infektionen, Verletzung anderer Organe oder Thrombosen.
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Keine Suche nach Eierstockkrebs bei Frauen ohne erhöhtes Risiko
Die meisten Frauen besuchen regelmäßig ihre Frauenärztin oder ihren Frauenarzt. Sie tun das unter anderem mit dem Ziel, mögliche Krebserkrankungen wie Gebärmutterhalskrebs oder Eierstockkrebs frühzeitig zu erkennen. Die Ärztin oder der Arzt kann die Eierstöcke mittels Ultraschall untersuchen oder auch durch die Bestimmung sogenannter Tumormarker im Blut. Solche Früherkennungsuntersuchungen machen aber nur dann Sinn, wenn das persönliche Risiko der betroffenen Frau erhöht ist. Das ist etwa bei erkrankten nahen Verwandten oder bestimmten Genmutationen der Fall.
Für Frauen ohne Risiko jedoch gilt: Die regelmäßige Untersuchung der Eierstöcke kann das Risiko, an Eierstockkrebs zu versterben, nicht verringern. Untersuchungen zur Früherkennung von Eierstockkrebs bringen viele Nachteile mit sich, nutzen aber wenig.
Eine von 80
Die beiden Eierstöcke liegen jeweils links und rechts von der Gebärmutter, mit der sie über die Eileiter verbunden sind. Nicht nur die Reifung der Eizellen findet hier statt, auch wichtige Sexualhormone werden in den Eierstöcken gebildet.
Eierstockkrebs (auch Ovarialkarzinom genannt) entsteht, wenn Zellen der Eierstöcke entarten und unkontrolliert wachsen. Nach Brust-, Gebärmutter- und Gebärmutterhalskrebs ist der Eierstockkrebs die vierthäufigste gynäkologische Krebserkrankung (1). Eine von 80 Frauen ist irgendwann in ihrem Leben davon betroffen (2), am häufigsten ab dem 60. Lebensjahr (3).
Eierstockkrebs ist eine sogenannte „leise“ Erkrankung, das heißt, der Krebs bleibt meist lange Zeit unbemerkt. Beschwerden entstehen oft erst, wenn die Krankheit schon sehr weit fortgeschritten ist (4). Deshalb wird Eierstockkrebs oft auch erst sehr spät entdeckt. Etwa die Hälfte der Patientinnen verstirbt innerhalb der darauffolgenden fünf Jahre.
Schaden größer als Nutzen
Mit Früherkennungsuntersuchungen sollen Erkrankungen entdeckt werden, bevor sie Beschwerden verursachen. Ziel ist eine möglichst frühe Behandlung, um schwere Folgen zu verhindern oder das Leben zu verlängern.
Mit regelmäßigen Ultraschall- und Blutuntersuchungen wollen sich Frauen vor Eierstockkrebs und seinen Folgen schützen. Große Studien zeigen aber, dass ähnlich viele Frauen an Eierstockkrebs versterben, die regelmäßig an einer solchen Früherkennungsuntersuchung teilnehmen, wie Frauen, die das nicht tun (5, 6). Das gilt zumindest für Frauen, die keine Beschwerden haben und deren persönliches Risiko für Eierstockkrebs nicht erhöht ist.
Ein höheres Risiko haben Frauen, von denen nahe Verwandte an Eierstockkrebs erkrankt sind. Auch eine Mutation an bestimmten Genen, nämlich BRCA-1 oder BRCA-2, erhöht sowohl die Wahrscheinlichkeit für Eierstockkrebs als auch für Brustkrebs. In diesen Fällen kann eine regelmäßige Untersuchung der Eierstöcke sinnvoll sein.
Falsche Ergebnisse sind häufig
Bei der gynäkologischen Untersuchung kann die Ärztin oder der Arzt Eierstockkrebs mit einer Ultraschalluntersuchung erkennen. Auch sogenannte Tumormarker, die sich im Blut nachweisen lassen – zum Beispiel der Marker CA 125 – können Hinweise auf eine Krebserkrankung der Eierstöcke geben.
Werden solche Tumormarker im Blut gefunden, bedeutet das jedoch nicht zwingend Krebs. Der Test kann auch ohne Krebserkrankung ein auffälliges Ergebnis zeigen. Man spricht dann von einem „falsch positiven“ Ergebnis. Studien zu falsch positiven Ergebnissen zeigen: Von 100 Frauen, die ihr Blut auf Eierstockkrebs untersuchen lassen, erhalten rund 44 ein auffälliges Ergebnis, obwohl sie keinen Krebs haben. Wird die Blutuntersuchung mit einer Ultraschalluntersuchung kombiniert, sind es immer noch zehn von 100 Frauen, bei denen fälschlich Krebs vermutet wird. Solche falschen Ergebnisse können beunruhigen und Angst machen. Wiederholte Nachuntersuchungen und ein ständiges Bangen um die Ergebnisse können zur starken seelischen Belastung werden. Falsche Testergebnisse können auch zu nicht notwendigen Operationen führen: Etwa ein bis drei von 100 Frauen ohne Krebs werden aufgrund eines auffälligen Testergebnisses operiert. Wie alle Operationen haben auch Eingriffe an den Eierstöcken Risiken: In seltenen Fällen kommt es zu unerwarteten Ereignissen wie Infektionen, Blutungen, Thrombosen oder Lungeninfarkten. Auch die Verletzung anderer Organe ist möglich.
Gut zu wissen:
Eine große Studie mit insgesamt 202.638 Frauen erforschte den Nutzen von Früherkennungsuntersuchungen (7). Dafür ließen 1.000 Frauen elf Jahre lang jährlich ihre Eierstöcke untersuchen.
In diesen elf Jahren
• wurde bei 7 Frauen Eierstockkrebs gefunden,
• verstarben 3 Frauen an Eierstockkrebs,
• erhielten 442 Frauen ein auffälliges Ergebnis, obwohl sie keinen Krebs hatten,
• wurden 10 Frauen operiert, obwohl sie keinen Krebs hatten. Bei 3 dieser 10 Frauen kam es wegen der Operation zu Komplikationen.
Fazit:
Quellen:
1. Bray F, Ferlay J, Soerjomataram I, Siegel RL, Torre LA, Jemal A. Global cancer statistics 2018: GLOBOCAN estimates of incidence and mortality worldwide for 36 cancers in 185 countries. CA: a cancer journal for clinicians. 2018;68(6):394-424.
2. alliance Ocr. Ovarian cancer 2020 [Available from: https://ocrahope.org/patients/about-ovarian-cancer/statistics/.
3. Ovarian cancer: recognition and initial management: NICE – National Institute for Health and Care Excellence; 2011 [Available from: https://www.nice.org.uk/guidance/cg122.
4. Goff BA, Mandel LS, Drescher CW, Urban N, Gough S, Schurman KM, et al. Development of an ovarian cancer symptom index: possibilities for earlier detection. Cancer. 2007;109(2):221-7.
5. Grossman DC, Curry SJ, Owens DK, Barry MJ, Davidson KW, Doubeni CA, et al. Screening for Ovarian Cancer: US Preventive Services Task Force Recommendation Statement. Jama. 2018;319(6):588-94.
6. Henderson JT, Webber EM, Sawaya GF. Screening for Ovarian Cancer: Updated Evidence Report and Systematic Review for the US Preventive Services Task Force. Jama. 2018;319(6):595-606.
7. Jacobs IJ, Menon U, Ryan A, Gentry-Maharaj A, Burnell M, Kalsi JK, et al. Ovarian cancer screening and mortality in the UK Collaborative Trial of Ovarian Cancer Screening (UKCTOCS): a randomised controlled trial. Lancet (London, England). 2016;387(10022):945-56.