Allgemeinmedizin

Untersuchung der Prostata

Für einen PSA-Test sollte
Mann sich nur gut
aufgeklärt entscheiden.

Stand: April 2019

Viele beschwerdefreie Männer lassen als Vorsorgeuntersuchung den PSA Wert im Blut bestimmen. Ein positives Testresultat bedeutet aber nicht automatisch Prostatakrebs. Der Test kann auch ohne Krebs positiv sein. Man spricht dann von einem „falsch positiven“ Ergebnis. Solche Ergebnisse verunsichern und machen Angst. Meist folgen Biopsien oder sogar Operationen, die vielleicht gar nicht notwendig sind.

Vor Früherkennungsuntersuchungen der Prostata sollten Männer über ihr individuelles Risiko und mögliche Schäden aufgeklärt werden.

Wissenschaftliche Untersuchungen haben gezeigt, dass durch PSA-Tests zwar weniger Männer an Krebs versterben, die Todesrate insgesamt aber gleich bleibt. Der Schaden durch unnötige Operationen und Therapien scheint den möglichen Nutzen aufzuwiegen.
Prostatakrebs ist in Österreich die häufigste Krebserkrankung des Mannes. Die meisten Tumore wachsen jedoch nicht aggressiv. Dass Prostatakrebs in den letzten Jahrzehnten immer häufiger zu werden scheint, liegt vor allem daran, dass vermehrt danach gesucht wird, oft auch dann, wenn ein Mann gar keine Probleme hat. Wird ein aggressiver Tumor rechtzeitig erkannt, kann das lebensrettend sein. Genauso passiert es aber auch, dass Männer behandelt werden, deren Erkrankung nie gefährlich geworden wäre. Vor einem PSA-Test sollten Männer über den möglichen Nutzen, aber auch die möglichen negativen Folgen aufgeklärt werden.

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Die Bestimmung des PSA-Wertes, des Prostata-spezifischen Antigens, im Rahmen einer Blutabnahme ist keine große Sache und wird oft „automatisch“ auch bei beschwerdefreien Männern durchgeführt. Doch der PSA-Test ist kein zuverlässiger Test: Sehr oft liefert er „falsch positive“ Ergebnisse, zeigt also Auffälligkeiten, wo in Wirklichkeit gar keine sind.
Auffällige oder nicht eindeutige Ergebnisse verunsichern und machen Angst, und oft folgen Biopsien und sogar Operationen, die vielleicht gar nicht notwendig sind.
Einige wissenschaftlichen Untersuchungen haben gezeigt, dass regelmäßige
Früherkennungsuntersuchungen der Prostata das Risiko zu sterben nicht senken. In einer großen Studie starben während 13 Jahren jedes Jahr 1 Mann weniger pro 10.000 an Prostatakrebs, wenn der PSA-Wert bestimmt worden war. Wenn man alle Todesursachen berücksichtigt starben am Ende jedoch gleich viele Männer, egal ob PSA-Tests durchgeführt worden waren oder nicht. Den PSA-Wert zu bestimmen, obwohl die Betroffenen keine Beschwerden hatten, konnte also das Risiko zu versterben unterm Schnitt nicht senken.
Ärztinnen und Ärzte sollten den PSA-Wert nicht routinemäßig bei allen Männern bestimmen, sondern Alter, Gesundheitszustand und Familiengeschichte des betroffenen Mannes berücksichtigen. Die Entscheidung für oder gegen einen PSA-Test sollten sie gemeinsam mit dem Patienten treffen, nachdem Vorteile und mögliche Risiken besprochen wurden.

Einer von vier
Prostatakrebs ist in Österreich die häufigste Krebserkrankung des Mannes. Etwa jeder vierte männliche Krebspatient hat ein Prostatakarzinom. Er ist auch ein Krebs des Alters, wird er doch meist bei Männern über 70 Jahren diagnostiziert. Im Allgemeinen ist die Prognose gut:
Fünf Jahre nach der Diagnose sind etwa neun von zehn Männern noch am Leben. Dass diese Krebsart in den letzten Jahrzehnten immer häufiger zu werden scheint, liegt vor allem daran, dass viel mehr danach gesucht wird, selbst wenn der Tumor gar keine Probleme macht. Wird ein aggressiver Tumor rechtzeitig erkannt, kann das lebensrettend sein. Genauso passiert es aber auch, dass Männer biopsiert oder operiert werden, deren Erkrankung nie gefährlich geworden wäre. Vor einer Früherkennungsuntersuchung der Prostata bei beschwerdefreien Männern sollten diese genau und sorgfältig über mögliche Schäden und ihre individuellen Risiken aufgeklärt werden und dann frei entscheiden können.

Wer sucht, der findet
Eine Untersuchung der Prostata eines über 90-Jährigen fördert mit einer Wahrscheinlichkeit von über 50 Prozent einen Tumor zutage. Das zeigen Studien an Verstorbenen, die bei neun von zehn Männern einen Prostatakrebs entdeckt haben, der zu Lebzeiten nicht aufgefallen war. Würden alle Männer routinemäßig untersucht, würden also sehr viele Tumore entdeckt und behandelt werden, die nie zu Problemen geführt hätten.
Umfangreiche Informationen zum Thema finden Sie verständlich aufbereitet auch auf https://www.medizin-transparent.at/prostatakrebs-psa-tests-bringen-wenig.

Gut zu wissen
Eine große wissenschaftliche Studie, die 13 Jahre lang dauerte, zeigte: Mit
Früherkennungsuntersuchung starben pro Jahr 4 von 10 000 Männern an Prostatakrebs, ohne Früherkennungsuntersuchung waren es 5 von 10 000. Wenn man alle Todesursachen berücksichtigt verstarben pro Jahr aber gleich viele Männer (19 pro 1.000), egal, ob sie untersucht wurden oder nicht (Schröder u.a. 2014).
Andere Studien zeigten: Bei etwa 160 von 1 000 Männern liefern die Tastuntersuchung der Prostata und eine Messung des PSA-Wertes ein auffälliges Ergebnis bei gesunder Prostata, was eine unnötige Biopsie zur Folge hat. 20 Männer mit nicht fortschreitendem, ungefährlichem Tumor werden behandelt.

Fazit

Vor Früherkennungsuntersuchungen der Prostata ab 55 Jahren sollten Männer über ihr individuelles Risiko und mögliche Schäden aufgeklärt werden. Bei Männern ab 70 Jahren überwiegen Überdiagnosen und das Risiko falscher Ergebnisse mit hoher Wahrscheinlichkeit den möglichen Nutzen.

Quellen

Prostatakrebs-Leitlinien der European Association of Urology, Stand 2014, http://uroweb.org/guideline/prostate-cancer/

Interdisziplinäre Leitlinie der Qualität S3 zur Früherkennung, Diagnose und Therapie der verschiedenen Stadien des Prostatakarzinoms, Langfassung. Online unter http://leitlinienprogramm-onkologie.de/uploads/tx_sbdownloader/LL_Prostata_Langversion_3.1.pdf

Schmoll H-J. Maligner Keimzelltumor des Mannes. Kompendium Internistische Onkologie: Springer; 2006. p. 4789-896.

Robert Koch-Institut (Hrsg.): Krebs in Deutschland 2009/2010. Häufigkeiten und Trends, Berlin 2013

Schröder FH, Hugosson J, Roobol MJ et al. Screening and prostate cancer

mortality: results of the European Randomised Study of Screening for Prostate Cancer (ERSPC) at 13

years of follow-up. Lancet, 2014; doi: 10.1016/S0140-6736(14)60525-0

Ilic D, Neuberger MM, Djulbegovic M, Dahm P. Screening for prostate cancer. Cochrane Database of Systematic Reviews 2013, Issue 1. Art. No.: CD004720

Jacklin C, Philippou Y, Brewster S, Bryant R. “More men die with prostate cancer than because of it”-an old adage that still holds true in the 21st century. Cancer Treatment and Research Communications. 2021;26:100225.

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