Geriatrie

Künstliche Ernährung

Weil das Schnitzel
einfach besser schmeckt:
Hilfe beim Essen statt
künstliche Ernährung.

Bei Menschen mit weit fortgeschrittener Demenz wird das Essen und
Trinken fast immer zum Problem. Sie verschlucken sich und bekommen
Lungenentzündung, verlieren Gewicht, werden immer schwächer; wegen
Eiweißmangels heilen Wunden schlecht. Unterstützung beim Essen kann
lebensnotwendig sein. Es mag mit geringerem Aufwand verbunden sein,
die Kalorienzufuhr mittels Magensonde zu gewährleisten, einen Nutzen
für die Patientinnen und Patienten bringt es aber nicht.

Im Vergleich zur Unterstützung beim Essen habe Magensonden keinen Vorteil bei Menschen mit Demenz, bedeuten aber teils schwere Gesundheitsrisiken!

Wissenschaftliche Studien haben gezeigt, dass künstliche Ernährung dementen Menschen weder hilft, ausreichend Gewicht zuzunehmen, noch deren Lebensqualität zu verbessern oder das Leben zu verlängern. Häufig kommt es jedoch zu negativen Folgen wie Lungenentzündung, Wundinfektionen, Hautgeschwüren und Verletzungen durch den Versuch der Betroffenen, sich von der Sonde zu befreien. Das Geschmackserlebnis, die menschliche Zuwendung beim Essen – das sind Dinge, die das Leben lebenswerter machen können. Es wird deshalb dringend empfohlen, auf eine Magensonde so weit wie möglich zu verzichten.

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Hilfe beim Essen ist besser als künstliche Ernährung

Bei Menschen mit weit fortgeschrittener Demenz wird das Essen und Trinken fast immer zum Problem. Sie verschlucken sich und bekommen Lungenentzündung, verlieren Gewicht, werden immer schwächer; wegen Eiweißmangels heilen Wunden schlecht. Unterstützung beim Essen kann lebensnotwendig sein. Weil es aber Zeit und genügend Personal braucht, um alten Menschen beim Essen zu helfen, wird häufig lieber eine Magensonde gelegt. Dabei wird ein dünner Plastikschlauch über die Nase bis in den Magen geschoben. Eine andere Möglichkeit ist die sogenannte PEG-Sonde (Abk. für perkutane endoskopische Gastrostomie), bei der der Schlauch über ein Loch in der Bauchdecke direkt in den Magen geführt wird.

Mehr Schaden als Nutzen

Die Annahme, die Magensonde wäre ein sicherer Weg, eine ausreichende Kalorienzufuhr zu erreichen, hat die Wissenschaft als Trugschluss entlarvt. Einen Nutzen für Patientinnen und Patienten bringt sie nicht, eher das Gegenteil: Wissenschaftliche Studien haben gezeigt, dass künstliche Ernährung Menschen mit fortgeschrittener Demenz weder hilft, ausreichend Gewicht zuzunehmen, noch dass sie deren Lebensqualität verbessert oder ihr Leben verlängert. Sehr oft hat die Magensonde jedoch negative Folgen für die Betroffenen. Wundinfektionen, Bauchschmerzen, Hautgeschwüre und Verletzungen durch den Versuch, sich von der störenden Sonde zu befreien, sind einige davon.

Essen – mehr als nur Kalorien

Abgesehen von den Risiken für Verletzungen und Infektionen, reduziert die künstliche Ernährung über die Sonde die Nahrungsaufnahme auf eine reine Zufuhr von Kalorien und Nährstoffen. Das Ritual des Essens, das Geschmackserlebnis, die menschliche Zuwendung und der soziale Kontakt – all das geht verloren. Es sind aber diese Dinge, die das Leben lebenswerter machen können, besonders das Leben von Menschen mit Demenz. Es wird deshalb dringend empfohlen, auf die Magensonde so weit wie möglich zu verzichten.

Gut zu wissen

Wissenschaftlichen Untersuchungen zufolge entwickeln von 100 Menschen mit Magensonde 58 eine Lungenentzündung, weil Nahrung in die Luftröhre gelangt, aber nur 17 von 100 Menschen, die beim Essen Unterstützung erhalten. Auch Dekubitus, also Hautdefekte durch zu langes Liegen, ist bei künstlicher Ernährung via Magensonde häufiger zu beobachten, nämlich bei 21 von 100 Personen. Bei Menschen, die normal essen, entwickeln nur 14 von 100 einen Dekubitus. 

Fazit: Im Vergleich zur Unterstützung beim Essen haben Magensonden keinen Vorteil für Menschen mit Demenz, bringen aber teils schwere Gesundheitsrisiken und eine schlechtere Lebensqualität mit sich.

Originalempfehlungen und Quellen:

AMDA – The Society for Post-Acute and Long-Term Care Medicine

[http://www.choosingwisely.org/wp-content/uploads/2015/01/Choosing-Wisely-Recommendations.pdf]

Finucane TE, Christmas C, Travis K. Tube feeding in patients with advanced dementia: A review of the evidence. JAMA. 1999;282(14):1365-70

Hanson LC, Ersek M, Gilliam R, Carey TS. Oral feeding options for people with dementia: a systematic review. Journal of the American Geriatrics Society. 2011;59(3):463-72


Ausgewählt von

 

Die Österreichische Gesellschaft für Geriatrie und Gerontologie (ÖGGG) vertritt die Interessen der multimorbiden und vulnerablen älteren Menschen und Ihrer Angehörigen. Weiters fördert die ÖGGG Forschung und Lehre über das Altern und verbreitet aktuelle geriatrische und gerontologische Erkenntnisse.