Allgemeine Gesundheits- und Krankenpflege

Wecken in der Nacht: nur wenn nötig statt regelmäßig

Bitte nicht stören!
Nächtliche Pflege nur,
wenn es
die Gesundheit erfordert.

Es hat wohl Seltenheitswert, dass Patient*innen im Krankenhaus gut schlafen. Zu den vielen Schlafräubern gehört manchmal auch die nächtliche Pflege. Sie sollte nur in dringenden Fällen während der üblichen Schlafenszeit stattfinden.

Ein Krankenhaus ist nicht als Ort für guten Schlaf bekannt. Viele Einflüsse prasseln auf die Kranken ein. Dauer und Qualität des Schlafes sind oft nur mäßig, und erwachsene Patientinnen erreichen die empfohlenen ca. sieben bis neun Stunden Schlaf eher nur in Ausnahmefällen (1, 2). Bis zu drei Viertel der Patient*innen geben an, durch äußere Reize wie störende Geräusche geweckt zu werden (3). Das bedeutet Stress statt Erholung (4).
Zu den Schlafräubern zählen Schmerzen, Ängste, Medikamente, medizinische Eingriffe, Lärm, die ungewohnte Umgebung und nicht zuletzt die akute Erkrankung selbst (4). Auch Licht leistet einen Beitrag: Ist die Beleuchtung nachts zu grell und tagsüber zu gedämpft, kann sie den zirkadianen Rhythmus aus dem Gleichgewicht bringen (4). Hinzu kommt, dass ältere Menschen ohnehin bereits ein höheres Risiko für Schlafstörungen haben (5).

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Medikamente und Symptome stören den Schlaf

Auch Medikamente können Schlafprobleme verursachen, z. B. Opioide, Glukokortikoide, Betablocker, Antibiotika, Diuretika oder Laxantien (4, 5). Typische Symptome wie Schmerzen, die zu einer verlängerten Schlaflatenz und zu fragmentiertem Schlaf führen, Husten oder Durchfall machen einen erholsamen Schlaf fast unmöglich (4). Auch Symptome von Atemwegserkrankungen, Herzinsuffizienz und gastralem Reflux können sich in der Nacht verschlimmern (4, 5, 7).

Pflege kann den Schlaf rauben

In der Nacht finden oft auch Pflege- und Versorgungsmaßnahmen statt, die den Schlaf der Patient*innen stören können (4). Manche sind notwendig und nicht oder nur schwer zeitlich verschiebbar, etwa Symptomkontrollen oder die Durchführung von Prophylaxen. Dennoch ist es in manchen Häusern üblich, die Versorgung und Pflege der Patient*innen an den Bedürfnissen der Pflegenden und der Einrichtung auszurichten statt an denen der Patient*innen (6). Maßnahmen wie verschiebbare routinemäßige „Pflegerunden“ oder laute Ver- und Entsorgungsmaßnahmen sollten nach Möglichkeit nicht während der Schlafenszeit stattfinden.

Verbesserungen auf mehreren Ebenen

Pflegende sollten der Thematik Schlafprobleme gegenüber wachsam sein, ältere Menschen darauf ansprechen und nach möglichen Lösungen suchen (5).

Es gibt zahlreiche Maßnahmen, die den Schlaf im Krankenhaus verbessern können:

Lärm und Lärmwahrnehmung lassen sich auf viele Weisen verändern. Pflegende können darauf achten, die Türen leise zu schließen und die Lautstärke von Geräten, Telefonen und Gesprächen zu reduzieren. Schalldämpfende Materialen oder Verhaltensregeln wie definierte Ruhezeiten können die Situation ebenfalls verbessern (4). Ohrstöpsel sind häufig eine gute Hilfe, vor allem auf Intensivbettenstationen bringen Augenmasken und/oder Ohrstöpsel Vorteile für die Schlafdauer. In manchen Fällen kann Musik die Schlafqualität erhöhen (8). Auch wenn Studiendaten zu diesen Maßnahmen nicht eindeutig Vorteile zeigen, können sie aufgrund der geringen Risiken und Kosten überlegt eingesetzt werden (4).

Auch ein bewusster Umgang mit Licht ist sinnvoll. Es sollte tagsüber hell und in der Nacht dunkel sein. Augenmasken in der Nacht können hilfreich sein (4).

Weniger nächtliche Unterbrechungen des Schlafes durch Pflegemaßnahmen tragen ebenfalls zur Schlafverbesserung bei. Dabei helfen passive technische Überwachungsmethoden, die Anpassung von nächtlichen Medikamentengaben oder Blutabnahmen an die Schlafenszeiten und eine mit den Betroffenen zeitlich gut abgestimmte Durchführung von Pflegehandlungen (4). Wesentlich ist dabei auch immer den Gesundheitszustand oder der Pflegebedarf der Betroffenen und die daraus abzuleitenden Maßnahmen kritisch zu reflektieren.

Werden zugrundeliegende Erkrankungen und Symptome wie Schmerzen, „Grübelzwang“ (9) oder Dyspnoe (4) rechtzeitig erkannt und behandelt, kann auch das den Schlaf verbessern. Entspannungstechniken, ein gut abgestimmter Einsatz von schlaffördernden Medikamenten (4, 5) oder generell schlaffördernde Initiativen wie „Silent Hospitals“ unterstützen den Schlaf der Patient*innen. Darüber hinaus fördert es den Schlaf, wenn Pflegende die individuellen Schlafgewohnheiten und -rituale der Patient*innen berücksichtigen und darauf achten, dass diese am Tag wach bleiben.

Folgenreicher Schlafmangel

Warum das so wichtig ist? Schlaf ist essenziell, etwa für das Gedächtnis, den Muskelaufbau, das Immunsystem und die Infektionsabwehr (9, 10). Zu wenig Schlaf führt zu messbaren negativen Veränderungen der geistigen Leistungsfähigkeit (2) und beeinträchtigt die Lebensqualität (11). Folgen sind Einbußen bei der Reaktionsfähigkeit, der Aufmerksamkeit und dem logischen Denken (2).

Auch die Psyche reagiert auf zu wenig Schlaf, etwa mit trauriger Stimmung, Reizbarkeit, schlechtem Urteilsvermögen oder depressions- und angstähnlichen Zuständen (2). Schlafmangel zählt zu den möglichen Risikofaktoren für ein Delir (4). Bekannt ist zudem, dass wenig Schlaf zu einem starken Schlafbedürfnis führt, das dann z. B. tagsüber nicht immer unter Kontrolle gebracht werden kann. Insgesamt ist zu beachten, dass sich die Auswirkungen von Schlafmangel von Mensch zu Mensch stark unterscheiden (2).

Ein Bündel an Maßnahmen

Es gibt keine einzelne Maßnahme, die den Schlaf in einer Einrichtung zuverlässig und für alle verbessert (4). Gute Voraussetzungen für eine Optimierung schaffen einerseits wahrscheinlich ein erhöhtes Problembewusstsein, andererseits mehrere „kleinere“ Maßnahmen, die individuell an die Patient*innen angepasst werden, sowie allgemeine krankenhausweite Bestrebungen zur Verbesserung der Schlafsituation (4).

FAZIT:

Pflegende sollten ältere Menschen nachts nicht aufwecken – es sei denn, deren Gesundheitszustand oder der Pflegebedarf erfordern dies unbedingt.

Quellen:

1.      Watson NF, Badr MS, Belenky G, Bliwise DL, Buxton OM, Buysse D, et al. Recommended Amount of Sleep for a Healthy Adult: A Joint Consensus Statement of the American Academy of Sleep Medicine and Sleep Research Society. Sleep. 2015;38(6):843-4.

2.      Cirelli C, Benca R, Eichler AF. Insufficient sleep: Definition, epidemiology, and adverse outcomes 2023 [Available from: https://www.uptodate.com/contents/insufficient-sleep-definition-epidemiology-and-adverse-outcomes?search=Insufficient%20sleep:%20Definition,%20epidemiology,%20and%20adverse%20outcomes&source=search

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3.      Wesselius HM, van den Ende ES, Alsma J, Ter Maaten JC, Schuit SCE, Stassen PM, et al. Quality and Quantity of Sleep and Factors Associated With Sleep Disturbance in Hospitalized Patients. JAMA Intern Med. 2018;178(9):1201-8.

4.      Auckley D, Ruth B, Eichler AF. UpToDate – Poor sleep and insomnia in hospitalized adults 2023 [Available from: https://www.uptodate.com/contents/poor-sleep-and-insomnia-in-hospitalized-adults?search=Poor%20sleep%20and%20insomnia%20in%20hospitalized%20adults&source=search_

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5.      Hemmeter U-M, Thum A, Hemmeter-Spernal J. Sleep disorders in the elderly. Schweizer Archiv für Neurologie und Psychaitrie. 2011;162(3):108-18.

6.      American Academy of Nursing Community. Sleep 2015 [Available from: https://www.aannet.org/americanacademyofnursing/initiatives/choosing-wisely/sleep

7.      Stewart NH, Walters RW, Mokhlesi B, Lauderdale DS, Arora VM. Sleep in hospitalized patients with chronic obstructive pulmonary disease: an observational study. J Clin Sleep Med. 2020;16(10):1693-9.

8.      Hu RF, Jiang XY, Chen J, Zeng Z, Chen XY, Li Y, et al. Non-pharmacological interventions for sleep promotion in the intensive care unit. Cochrane Database Syst Rev. 2015;2015(10):Cd008808.

9.      Österreichische Gesellschaft für Schlafmedizin und Schlafforschung. Patienteninformationen [Available from: https://schlafmedizin.at/de/patienteninformation/.

10.   Robinson CH, Albury C, McCartney D, Fletcher B, Roberts N, Jury I, et al. The relationship between duration and quality of sleep and upper respiratory tract infections: a systematic review. Fam Pract. 2021;38(6):802-10.

11.   Kamel NS, Gammack JK. Insomnia in the Elderly: Cause, Approach, and Treatment. The American Journal of Medicine. 2006;119(6):463-9.

Ausgewählt von

Expert*innen und erfahrenen Pflegenden aus dem Bereich der Gesundheits- und Krankenpflege mit Unterstützung des Österreichischen Gesundheits- und Krankenpflegeverbands (ÖGKV). Die Aufgaben und Ziele des ÖGKV umfassen unter anderem die Weiterentwicklung der Pflege in Theorie und Praxis, Förderung der Pflegeforschung und Qualitätssicherung pflegerischer Leistungen.

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